The Complete Works of Otto Beckmann

The creative periods

Das Gesamtwerk von Otto Beckmann ist von so großer Vielfältigkeit, dass es nur schwer möglich ist, es in übliche Kunstkategorien und in zeitlich aufeinander folgende Perioden zu unterteilen. Es scheint vielmehr einige miteinander verwobene Grundthemen im Werk zu geben, die wie Melodien einer Fuge eine Zeit lang dominieren, dann in den Hintergrund treten, um in transponierter Form wiederaufzutauchen.
Oskar Beckmann in “Otto Beckmann, Zwischen Mystik und Kalkül”, Peter Peer, Peter Weibel (Hg.)

Early work – Kraków and first years in Vienna

Das künstlerische Schaffen beginnt um 1937, zunächst mit grafischen Arbeiten, die dann zu eigenen Techniken, wie Zementschnitt weiterentwickelt wurden. Mit seiner Tätigkeit als Lehrer an der Krakauer Kunstakademie 1941 kommen aufwändige Metalltechniken sowie die Emailtechnik hinzu. Neben Sujets mit Zeitbezug dominierten figürliche Darstellungen, die stark an Ikonen erinnern. Bereits ab 1936 beschäftigte er sich mit Algorithmen. Um 1940 entwickelt er einen Algorithmus für rotations-symmetrische Formen, wie von Vasen. Diesen Algorithmus nannte er seine Denkmaschine.

Zementschnitt, 1943 - Arbeiten — Zementschnitt, 1943

Eine Nach Dem Algorithmus Angefertigte Vase, Kupfer Aus Einem Stück Getrieben, Um 1942 - Arbeiten — Eine nach dem Algorithmus angefertigte Vase, Kupfer aus einem Stück getrieben, um 1942

Madonna, Stichelarbeit Kupfer, 1940 1944 - Arbeiten — Madonna, Stichelarbeit Kupfer, 1940-1944

1945 – 1948 Nachkriegsjahre

Mit dem Kriegsende 1945 wurde Otto Beckmann freischaffender Künstler in Wien. Er entwickelte die Emailtechnik weiter und schuf eine Reihe ikonenhaften Bilder. Seine Existenzgrundlage bildeten in diesen Jahren Druckgrafiken, die von Wiener Galerien vertrieben wurden. Hier ist ein Wandel des Frauenmotivs zu bemerken, das sich von der schematischen Strenge löst und eine subtile Sinnlichkeit andeutet. 1948 endete die Periode der figürlichen Darstellungen.

Ikone, Email Auf Kupfer, 1946 - Arbeiten — Ikone, Email Auf Kupfer, 1946 – Arbeiten

Zerstörte Stadt, Kupferstich, 1946 - Arbeiten — Zerstörte Stadt, Kupferstich, 1946 – Arbeiten

Die Fischfrau, Email, 1947 - Arbeiten — Die Fischfrau, Email, 1947 – Arbeiten

1948 – 1954 Meditative Praktiken

1948 begegnete Otto Beckmann dem Psychologen Wilfried Daim, mit dem er tiefenpsychologische Experimente begann – die er in seinen Aufzeichnungen als Meditative Praktiken bezeichnete. Es waren surreale Visionen aus dem Unterbewussten, die Otto Beckmann in Radierungen oder in Metallplastiken darstellte. Manche Darstellungen zeigen unmittelbar die Abgründigkeit des Unterbewussten. Mit einigen Emailbildern vollendete er die Periode der meditativen Praktiken 1954.

Ohne Titel, Meditative Praktiken, Kupfer geschmiedet - 1949/50 — Ohne Titel, Meditative Praktiken, Kupfer geschmiedet; 1949/50

1950 – 1966 Symbolik und Flächenschnitt

Anfang der 50er Jahre wandte sich Otto Beckmann abstrakten Darstellungen zu. Nach Werken, die stark abstrahierte Figuren und Formen zeigen, entwickelte er Algorithmen, die auf ästhetischen Regeln basieren. Der am häufigsten angewendete Algorithmus war der so genannte Flächenschnitt-Algorithmus. Bevorzugtes Material bei der Realisierung der Entwürfe war Email. Auch Arbeiten in einer von Otto Beckmann erfundenen Technik, der sogenannten Pleytypie¹, entstanden in dieser Zeit.

In dieser Zeit bekam Otto Beckmann Aufträge für Emailmosaike an Wohnbauten der Stadt Wien. Für sakrale Bauten, die der Architekt Robert Kramreiter errichtet hatte, entwarf er Kirchentore und Inneneinrichtungen.

Ausstellung I, Pletypie, Um 1957 (Albertina) - Arbeiten — Ausstellung I, Pletypie, um 1957 (Albertina)

Gruppe, Email Auf Kupfer, 1955 - Arbeiten — Gruppe, Email auf Kupfer, 1955

Nachtzyklus, Emailmosaik – Flächenschnittalgorithmus, 1955 - Arbeiten — Nachtzyklus, Emailmosaik – Flächenschnittalgorithmus, 1955

1960 – 1973 Licht und Bewegung

Ende der 1950er nahm Otto Beckmann Untersuchungen an Plastiken vor, die er unter UV-Licht oder polarisiertem Licht fotografierte. Dazu fertigte er Modelle aus durchsichtigem Material (Optische Matrizen) an, die im polarisierten Licht ein dynamisches Farbenspiel zeigten oder im ultravioletten Licht von innen heraus leuchteten.

Die Matrizen wurden durch eine vorgegebene Choreografie schrittweise verschoben – so entstanden aus Einzelaufnahmen seine einzigartigen Cinematrischen Filme.

In Zusammenarbeit mit Gerd Koepf von der Technischen Hochschule in Wien entwickelte er computergenerierte Lasergrafiken zwischen 1970 und 1973.

Oswald Von Wolkenstein, Cinematrix Im Polarisiertem Licht, 1963 - Arbeiten — Oswald von Wolkenstein, Cinematrix im polarisiertem Licht, 1963

Plexiglasplastiken im UV Licht, Farbfotografie

1965 – 1979 Computerkunst

1965 bekam Otto Beckmann die Gelegenheit, die technischen Ausrüstungen der Technischen Universität Wien zu nutzen und fand dort Wissenschaftler, die sich für künstlerische Experimente begeisterten. In diesem Umfeld gründete er die Experimentalarbeitsgruppe ars intermedia. In Zusammenarbeit mit Alfred Grassl wurden die ersten Computergrafiken erstellt. Die vom Bildschirm aufgenommenen Fotos wurden auf Papier oder Offset-Aluminiumplatten übertragen .

1969 begann sein Sohn Oskar für ihn einen eigenen Computer, den Ateliercomputer a.i./70 zu bauen. Bis 1979 sollten Sohn und Vater diesen Rechner weiterentwickeln und mehrere Versionen konstruieren. Das Programm konnte in Echtzeit beeinflusst werden, und dadurch war eine zeitnahe Interaktion zwischen Künstler und Maschine möglich.

Als einer der wenigen Computerkünstler realisierte er auch Emailarbeiten, Plastiken, Holz- und Zementschnitte und auch öffentliche Objekte nach Computerentwürfen.

Beckmann/Grassl, Computergrafik, 1968 - Arbeiten — Beckmann/Grassl, Computergrafik, 1968

Beckmann / Beckmann, Beschwörer, Computergrafik 1971

Ausstellungsfoto Email und Plastik, computergestützt, beide 1969

1966 – 1980 Imaginäre Architektur

Bereits 1966 arbeitete Otto Beckmann an Imaginären Architekturen. Er meinte damit Visionen von architektonischen Formen, die nur künstlerischen Gesichtspunkten folgten. Die ersten Arbeiten auf dem Gebiet der imaginären Architektur basierten auf Plexiglasobjekten, später arbeitete er mit dem von seinem Sohn Oskar Beckmann entwickelten Ateliercomputer. So entstanden fassadenartige Entwürfe und später virtuelle 3-D Objekte.

1980 schloss Otto Beckmann diese Periode mit einer Serie von virtuellen, architektonischen Objekten in einer realen Landschaft ab. Diese Arbeiten nannte er „Metropolis 2080“.

Venezia morta, Beckmann / Beckmann, Computergrafik 1970

Architektonisches Projekt Am Meer, Metropolis 2080, 1980 — Architektonisches Projekt am Meer, Metropolis 2080, 1980

1970 – 1978 Periode der Fundobjekte „objets trouvés“

Schon während der Computerkunstperiode suchte Otto Beckmann den natürlichen Zufall in seine Arbeiten einzubeziehen. Es entstand die Periode der Fundobjekte „objets trouvés“ in verschiedenen Ausprägungen. Entsprechend den verwendeten Materialen kann man diese Periode in Segmente gliedern. Am Beginn standen Eisenplastiken, die er aus Fundstücken und Reststücken zusammenschweißte. Rindenstücke mit Borkenkäferspuren wurden 1973 für Drucke verwendet, später zu Kleinplastiken geformt und in Bronze gegossen. Schließlich wurden solche Figuren auch zu Szenen zusammengefügt. Eine andere Serie von Figuren entstand aus Ziegelbruchstücken, die durch die Meerbrandung abgeschliffen waren

Magier Besucht Idol, Rindendruck, 1973 — Magier besucht Idol, Rindendruck, 1973

Terrakotten Gruppe, Künstlerfoto, 1976 — Terrakotten-Gruppe, Künstlerfoto, 1976

Triptychon Theatrum Mundi, Bronze, 1976 1977 — Triptychon Theatrum mundi, Bronze, 1976 – 1977

Ab 1978 Neumagische Objekte und recentologische Grabungen

Ab 1978 verwendete Otto Beckmann auch Knochen als Fundobjekte. Bemerkenswert ist, dass das Material Knochen von Künstlern eher selten verwendet wurde – wohl aber von Schamanen zur Herstellung ihrer Kultobjekte. Er selbst dokumentierte diese neuerliche Hinwendung zur Magie 1979 mit der Kunstfigur des Duralei D. Dopotopoff und nannte die entstehenden Arbeiten: Neumagische Objekte des Kultismus. Es sind Idole und fiktive Kultobjekte der Magie, die oft zu rätselhaften Szenen gruppiert, künstlerisch verdichtet wurden. Neben Knochen fanden auch technische Versatzstücke Anwendung.

Eine besondere Ausprägung dieser Periode sind die Textgenerierten Maschinen. Hier ließ sich Otto Beckmann von verschiedenen literarischen Werken inspirieren (beispielweise von Kafkas „Strafkolonie“ oder von Peter Marginters „Leichenschmaus“).

Sphinx Von Theben, Um 1983 - Arbeiten — Sphinx von Theben, um 1983

Pietá, Um 1983 - Arbeiten — Pietá, um 1983

Die Hochzeitsmaschine, Um 1978 - Arbeiten — Die Hochzeitsmaschine, um 1978

Werkübersicht Otto Beckmann – Eine Führung durch eine imaginäre Ausstellung
The Work of Otto Beckmann – An Imaginary Exhibition

¹ Pleytypie

“Pleytypie” (oder “Rytypie”) ist eine Eigenbezeichnung Otto Beckmanns für eine von ihm entwickelte Technik, die auf Collagen basiert, die er fotografisch und drucktechnisch weiter bearbeitete.
Der Wortteil “pley” stammt vom französichen “pleinair” (Freilichtmalerei), “typie” bedeutet Druck. Pleytypie bedeutet somit “mit Licht gemalter Druck”. Diese experimentelle Mischtechnik setzt sich aus folgenden Grundtechniken zusammen:

Diazotypie: Silberloses lichtempfindliches Verfahren zur Herstellung von Strichkopien und -dias in monochromer Weise.
Strichkopie: Strich-Vorlage als Reproduktionsvorlage, die keine Grautöne (Halbtonbild), sondern ausschließlich Schwarze und weiße Linien und Flächen enthält.
Cyanotypie: Lichtpausverfahren, 1842 von John F.W. Herschel erfunden.

Die Grundlage der Pleytypie ist eine Kollage, von der eine Ablichtungsschablone angefertigt wird. Diese wird eventuell retuschiert, mit Nasskopierpapier kopiert und anschließend entwickelt und fixiert.

vgl. Otto Beckmann, Zwischen Mystik und Kalkül, Peter Peer, Peter Weibel (Hg.), 2008, S. 154

The Complete Works of Otto Beckmann

The Creative Periods

Early work – Kraków and first years in Vienna

Zementschnitt, 1943

Dose, Email auf Kupfer, um 1945

Eine nach dem Algorithmus angefertigte Vase, Kupfer aus einem Stück getrieben, um 1942

Madonna, Stichelarbeit Kupfer, 1940-1944

1945 – 1948 Nachkriegs­jahre

Ikone, Email Auf Kupfer, 1946 – Arbeiten

Zerstörte Stadt, Kupferstich, 1946 – Arbeiten

Die Fischfrau, Email, 1947 – Arbeiten

1948 – 1954 Meditative Praktiken

Buhldämon, Kaltnadelradierung, 1950

Der Antichrist, Email auf Kupfer, 1954

Ohne Titel, Meditative Praktiken, Kupfer geschmiedet; 1949/50

1950 – 1966 Symbolik und Flächenschnitt

Ausstellung I, Pletypie, um 1957 (Albertina)

Gruppe, Email auf Kupfer, 1955

Flaschenhalsengel, Email

Nachtzyklus, Emailmosaik – Flächenschnittalgorithmus, 1955

1960 – 1973 Licht und Bewegung

Oswald von Wolkenstein, Cinematrix im polarisiertem Licht, 1963

Plexiglasplastiken im UV Licht, Farbfotografie

Ohne Titel, Lasergrafik um 1971

1965 – 1979 Computerkunst

Beckmann/Grassl, Computergrafik, 1968

Beckmann / Beckmann, Beschwörer, Computergrafik 1971

Ausstellungsfoto Email und Plastik, computergestützt, beide 1969

1966 – 1980 Imaginäre Architektur

MA3, Aluplatte, 1967

Venezia morta, Beckmann / Beckmann, Computergrafik 1970

Architektonisches Projekt am Meer, Metropolis 2080, 1980

1970 – 1978 Periode der Fundobjekte „objets trouvés“

Magier besucht Idol, Rindendruck, 1973

Terrakotten-Gruppe, Künstlerfoto, 1976

Triptychon Theatrum mundi, Bronze, 1976 – 1977

Ab 1978 Neumagische Objekte und recentologische Grabungen

Sphinx von Theben, um 1983

Pietá, um 1983

Die Hochzeitsmaschine, um 1978

1 Pleytypie

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1945 – 1948 Nachkriegsjahre

¹ Pleytypie